Stadtführung: Ferdinand Schäfer (16) zeigt Kindern und Jugendlichen
Hall
"Net aufs Maul g'falle"
Die nächste Tour startet am Samstag, 4. Juni,
um 15 Uhr am Marktbrunnen
"Stadtführungen gibt es viele", heißt es im Flyer
zum Angebot "Hall for Kids". Ferdinand Schäfer aber will
jugend- und kindgerecht orientierte Führungen anbieten. Wenn ihm
das nicht gelingt, wem dann? Ferdinand ist nämlich selbst erst
16 Jahre alt und weiß ganz genau, wie die Jugend "tickt"
und welche Sprache sie spricht.
Ernst-Walter Hug
Schwäbisch Hall. Bis zu
35 Personen starke Gruppen von Kindern und Jugendlichen zwischen acht
und 16 Jahren können sich bei Ferdinand Schäfer anmelden:
Jugendfreizeiten, Schulklassen und Jugendgruppen aus Sportvereinen.
Hafenmarkt heißt der Platz unterhalb von Rathaus und
altem Barfüßer-Klostergemäuer, an dem der junge Ferdinand
Schäfer hier abgelichtet wurde. Schlimm findet der "Hall for
Kids"-Stadtführer, dass die ihn nach der Kneipe am unteren
Ende nur noch Ollis Platz nennen, und dass das sich an der Haalmauer
verabreden nur noch "Haalmauer machen" heißt, wie man
eine "Party macht" oder eine "Disco-Tour"... Foto:
ars
"Die letzte Gruppe, die ich im vergangenen Jahr geführt habe,
das waren Ringer. Da habe ich mich vorher auch gefragt, was da für
Muskelpakete auf mich zukommen. Letzlich war es zu meiner Erleichterung
gar nicht so." Im Gegenteil. Ferdinand, damals selbst noch keine
16, war erstaunt, wie viele aus der Gruppe durch ihre Fragen echtes
Interesse zeigten.
Das Fragen fiel den jungen Ringern vermutlich auch einfacher, als dies
bei einem erwachsenen Führer der Fall gewesen wäre. "Wenn
Fragen kommen - und ich schaue eigentlich immer drauf, dass welche kommen
- dann ist es einfacher, genau das an die Zuhörer zu bringen, was
ich sagen und erzählen will".
Von gleichaltrig zu gleichaltrig lässt sich manches eben einfacher
erklären und beschreiben. "Und wenn dann einer dabei ist -
was die normalen Führer meist ziemlich ärgert - der mit spitzen
und witzigen Bemerkungen, über die die ganze Gruppe lacht, dann
kann ich sowas ganz anders aufnehmen. Wer solche Bemerkungen macht,
muss nämlich mitgedacht haben, sonst könnte er keine dazu
machen."
Was ihn selbst antreibt, solche Führungen für Kinder und Jugendliche
überhaupt anzubieten? Das Interesse an Geschichte, das Interesse
an der alten Stadt. Das möchte er gerne auch bei Gleichaltrigen
wecken und sein Wissen weitergeben. Sein eigenes Interesse kommt nicht
von ungefähr. Ferdinands Vater ist Bauhistoriker. Wie eine Stadt
vor 300 Jahren funktionierte, hat Ferdinand Schäfer also schon
von klein auf mitbekommen.
Seine andere Quelle für Geschichtsbewusstsein - oder bedingte das
eine das andere? - ist seine Mitgliedschaft im Kleinen Siedershof. Denn
dort Musik zu machen und mit Trommeln und Pfeifen durch die Stadt zu
ziehen, ohne zumindest im Ansatz Interesse für die Hintergründe
dieses Tuns zu entwickeln, ist nahezu unmöglich. Und wenn man dann
noch zu denjenigen Jugendlichen gehört, die, wie der Volksmund
sagt, "net aufs Maul g'falle" sind, dann gibt eines das andere.
Ferdinand Schäfer ist nämlich nicht nur Klassensprecher seiner
10a in der Leonhard Kern Realschule, sondern gemeinsam im Triumphirat
mit zwei anderen auch Schulsprecher.
Ferdinand hat seine Fähigkeiten früh erkannt. Es war nur eine
Frage der Zeit, bis er mit Tourismusmanager Robert Spoden sprach. Der
fand die Idee toll, und schon ging's los: 250 Prospekte hat Ferdinand
Schäfer für seine erste Runde Stadtführungen "Hall
for Kids" auf eigene Rechnung gedruckt. 750 sind's für die
Saison 2005.
Vermittelt werden die speziellen Führungen für Kinder ganz
wie die Führungen der Erwachsenen-Stadtführer über die
Tourismus-Information der TMG am Haller Marktplatz. Dort starten meist
auch Ferdinand Schäfers Kinder-Führungen. Jeder andere geeignete
Ort - Bahnhof, Holzmarkt, ZOB - ist natürlich auch möglich.
Die nächste öffentliche Führung "Hall for Kids"
startet am Samstag, 4. Juni, um 15 Uhr am Haller Marktbrunnen. Eine
Anmeldung ist dafür nicht notwendig. Und keine Angst: Langweilige
Jahreszahlen wird's nicht geben. Dafür vielleicht eine Demonstration,
warum große Kirchen ein Gewölbe brauchen, eine Stelle, an
der 400 Jahre alte Kuh-Jauche aus dem Mauerwerk drückt, oder ein
spannendes Experiment mit Bunsenbrenner und Sole.
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